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Zurück zu den Wurzeln: Wie der Stadionrasen als Autogrammkarte in die Arena zurückkehrt

Mit Karrieren ist das so eine Sache im Fußball. Einige überdauern Jahrzehnte, andere sind vorbei, bevor es überhaupt losgehen konnte und in manchen Fällen reicht es  zumindest für ein kurzes Bad im Rampenlicht. Das gilt nicht nur für aktive Spieler, sondern auch für Stadionrasen. Eben noch als heilig verehrt, bejubelt und geküsst, findet dieser sich plötzlich als Rasenschnitt im Abfall wieder.

 

 

Ein ganz besonderes Papier

Außer natürlich er gehört zum Grün in der PreZero Arena der TSG Hoffenheim. Dann endet er nicht in der Tonne, sondern hat nach seiner Zeit im Stadion eine zweite, steile Karriere vor sich. Oder besser gesagt: eine flache. Denn seit Anfang November 2018 ist das Mähgut aus dem Stadion kein Abfall mehr, sondern wertvoller Rohstoff für ein ganz besonderes Papier. Ein Papier, das seinen Weg zurück in die Arena und damit direkt zu den Fans findet – als nachhaltige Autogrammkarte.

 

Das Leben als Grashalm ist also keine Einbahnstraße. Doch bis das Graspapier im TSG-Blau erstrahlen kann, muss noch ein bisschen Strecke gemacht werden. Zum Beispiel von Hochleistungsrasenmäher Dennis, der sich in Schrittgeschwindigkeit übers Spielfeld schieben lässt. „Für den optimalen Rasen sind zwei unserer Mitarbeiter fast drei Stunden mit dem Rasenmähen beschäftigt, in der Wachstumsperiode sind sie täglich unterwegs“, erklärt Maik Grimm, Leiter Greenkeeping der TSG.

 

 

Über den Rasen rasen

Gerade im Frühling und im Sommer kommt im Stadion eine erhebliche Menge an Rasenschnitt zusammen. Grimm: „Im Schnitt füllen wir alle zwei Wochen einen fünf Kubikmeter großen Container. Manchmal läuft der aber auch schon innerhalb einer Woche über.“ Da kommen gut und gerne zwei Tonnen im Monat zusammen. Ungefähr so viel wie der gesamte Kader der TSG Hoffenheim auf die Waage bringt.

Sobald die Greenkeeper ihre Arbeit erledigt haben, geht die Reise für den Stadionrasen erst so richtig los. Damit aus dem Mähgut am Ende Papier werden kann, muss der Rohstoff in mehreren Schritten bearbeitet werden:

  1. Trocknen
    Noch im Stadion werden die Grashalme zwischen 24 und 36 Stunden in speziellen Behältern getrocknet und damit perfekt für die Weiterverarbeitung vorbereitet. 
  2. Reinigen
    In einem Zyklon wird das Heu mit Hilfe von starken Luftströmen gereinigt und Fremdpartikel herausgefiltert.
  3. Kürzen & plattmachen
    Nach der Reinigung werden die Halme  auf genau 0,7 Millimeter Länge gekürzt und platt gehämmert. 
  4. Zerkleinern
    In einer speziellen Mühle werden die Grasfasern nun zerkleinert.
  5. In Form bringen
    Der letzte Schritt bevor es zur eigentlichen Papierproduktion geht, führt den grünen Rohstoff in eine Presse. Hier wird der zerkleinerte Stadionrasen zu Pellets von etwa zwei Zentimetern Länge gepresst.

 

 

Abfall nutzen und Ressourcen schonen

Die Verwendung von Graspellets für die Papierherstellung spart einiges an Energie und Ressourcen. Im Vergleich zur konventionellen Produktion kann der CO2 Ausstoß um bis zu 23 Prozent gesenkt werden. Außerdem werden die Materialien nicht chemisch behandelt und für eine Tonne Papier braucht es gerade mal sechs statt 6.000 Litern Wasser.

Apropos Wasser: Im nächsten Schritt in Richtung Autogrammkarte landen die Graspellets zusammen mit Wasser und Recyclingfasern in einem großen Bottich, dem sogenannten Pulper. Danach wartet die eigentliche Papiermaschine, die das Wasser wieder herauspresst und die Masse in 55 Meter Länge über einem Trockenzylinder legt, bevor sie bei etwa 120 Grad Celsius komplett von Feuchtigkeit befreit wird. Nach der Trocknung wird das Papier schließlich aufgerollt und macht sich auf den Weg zur Druckerei, wo es wie jedes andere Papier auch bedruckt und verarbeitet wird.

 

 

 

Back to the Roots

Gedruckt und verpackt treten die fertigen Autogrammkarten die Heimreise an. Beim Anblick der frisch gedruckten Karten kann man kaum glauben, was alles in ihnen steckt. Während Rasenmäher Dennis im Stadion schon wieder seine Runden dreht, zücken die Spieler ihre Stifte, um die Autogrammkarten zu unterschreiben und dem heiligen Rasen endgültig zu seiner neuen Bestimmung zu verhelfen. Aus dem notwendigen Übel – dem Kampf gegen den Rasenwuchs – ist nun die Ernte eines kostbaren Rohstoffs geworden, der an seinen Ursprungsort zurück kommt: In die PreZero Arena.

 

Auch in Episode 1 von „Nachspielzeit“ dreht sich alles um das Thema Graspapier. Schaut rein und erfahrt, was die TSG Spieler dazu sagen.